Finanzen

DAX-Kappungsgrenze: Was ist das und warum ist die SAP-Aktie davon betroffen?

Muss die SAP-Aktie wegen der DAX-Kappungsgrenze den deutschen Leitindex verlassen? Nein, das nicht, aber die Kappungsgrenze für den DAX wirkt sich negativ auf DAX-Investoren aus - derzeit vor allem auf SAP-Aktionäre. Was ist die DAX-Kappungsgrenze, welche Rolle spielt dabei die DAX-Gewichtung und warum könnte dieses Limit für Einzelwerte SAP zu einem ausländischen Börsenplatz treiben?
28.01.2025 16:32
Aktualisiert: 28.01.2025 16:32
Lesezeit: 4 min
DAX-Kappungsgrenze: Was ist das und warum ist die SAP-Aktie davon betroffen?
SAP ist von der neuen DAX-Kappungsgrenze betroffen (Foto: dpa). Foto: Boris Roessler

Seit der Anhebung der Kappungsgrenze im DAX von 10 auf 15 Prozent im Jahr 2024 steht dieses Thema im Mittelpunkt der Diskussionen rund um die deutsche Börsenlandschaft. Die Änderung hat sowohl Auswirkungen auf den Markt als auch auf Indexfonds, wobei Unternehmen wie SAP als Beispiel dienen, wie sich die neuen Regeln auswirken können.

Kappungsgrenze DAX: Erklärung

Die DAX-Kappungsgrenze regelt, welchen maximalen Anteil ein einzelnes Unternehmen in den DAX-Indizes (DAX, MDAX, SDAX und TecDAX) haben darf. Vor 2024 lag diese Grenze bei 10 Prozent. Das führte dazu, dass große Konzerne bei starken Kursanstiegen regelmäßig gekappt werden mussten. Mit der Einführung der neuen Kappungsgrenze von 15 Prozent, die im März 2024 in Kraft trat, sollen sich diese Eingriffe verringern und den betroffenen Unternehmen mehr Spielraum geben.

Die Kappungsgrenze soll verhindern, dass wenige Unternehmen den Index dominieren und so unverhältnismäßig viel Kapital auf sich ziehen. Gerade im DAX, dem Leitindex der deutschen Börse, sorgt eine zu hohe Konzentration auf einzelne Konzerne für Ungleichgewichte und könnte kleinere Unternehmen benachteiligen. Damit soll das sogenannte Klumpenrisiko verringert werden.

Mit dieser Kappungsgrenze gleicht STOXX die DAX-Familie an internationale Standards an - ist das nur gut gemeint oder auch gut gemacht?

Warum wurde die Kappungsgrenze im DAX angehoben?

Im Zuge der wachsenden Kritik und Marktveränderungen war die Anhebung der Kappungsgrenze eine notwendige Anpassung. Seit 2015 kam es im DAX zu insgesamt 38 Kappungen bei vier Unternehmen, darunter die SAP-Aktie, die Linde-Aktie, die Siemens-Aktie und die Bayer-Aktie. Keines dieser Unternehmen hatte jedoch den 15-Prozent-Schwellenwert erreicht. Die Anhebung der Kappungsgrenze soll der wachsenden Bedeutung großer Konzerne Rechnung tragen und den deutschen Leitindex an internationale Standards anpassen. So haben etwa der französische CAC 40 und der italienische FTSE MIB ebenfalls Kappungsgrenzen von 15 Prozent.

Für Investoren bedeutet dies mehr Flexibilität und weniger Verkaufszwänge, sobald eine Aktie die Kappungsgrenze überschreitet. Dies ist auch ein Signal an Unternehmen, wie es beim Rückzug von Linde aus dem DAX deutlich wurde: Nachdem die Linde-Aktie 2023 aufgrund der alten Kappungsgrenze die Hauptnotierung in New York wählte, wurde die Anpassung als Maßnahme gesehen, um ähnliche Abwanderungen in Zukunft zu verhindern.

SAP-Aktie aktuell: Ein Beispiel für die DAX-Kappungsgrenze

Ein besonders aktuelles Beispiel für die Kappungsgrenze ist der Softwarekonzern SAP. Mit einer Marktkapitalisierung von sehr genau 300 Milliarden Euro hat SAP im Januar 2025 die neue Kappungsgrenze von 15 Prozent im DAX erreicht. Der Aktienkurs des Unternehmens stieg im Laufe des Jahres 2024 rasant an, von 130 Euro auf über 230 Euro pro Anteilsschein. 2025 legte der Aktienkurs von SAP weiter zu - und erreichte am 28. Januar ein Allzeithoch bei 269,90 Euro.

Damit ist SAP nach Oktober 2024 erneut von der neuen DAX-Kappungsgrenze betroffen. Sollte SAP auch nach der nächsten Indexüberprüfung im DAX mehr als 15 Prozent des deutschen Aktienindex' ausmachen, sind Indexfonds und ETFs, die den DAX abbilden, gezwungen, Anteile zu verkaufen, um den Anteil auf den zulässigen Wert zu reduzieren. Das hat Folgen für Anleger. Bei der letzten turnusgemäßen Überprüfung, Ende Dezember, kam der Softwarekonzern bezüglich Börsenwert auf ein DAX-Gewicht von 16,7 Prozent.

Dadurch, dass ETFs und aktive Fonds die SAP-Aktie verkaufen müssen, könnte kurzfristig Druck auf den Aktienwert entstehen, da der automatische Verkauf großer Mengen von Aktien den Kurs belasten könnte. Dieser Mechanismus verhindert also eine Dominanz großer Konzerne im DAX, sorgt aber gleichzeitig dafür, dass starke Kursgewinne teilweise "bestraft" werden. Für Anleger stellt sich die Frage, ob dies den SAP-Kursverlauf beeinflusst oder ob das SAP-Papier weiterhin seinen Höhenflug fortsetzen kann - lesen Sie dazu auch unseren Artikel SAP-Aktie kaufen?

Gewichtungsobergrenze: Auswirkungen auf ETFs und Indexfonds

Die Anhebung der Kappungsgrenze hat auch erhebliche Auswirkungen auf Indexfonds und ETFs, die den DAX abbilden. Fonds, die gemäß der Ucits-Richtlinie reguliert sind, dürfen maximal 10 Prozent ihres Volumens in einen Einzelwert investieren. ETFs, die einen Index wie den DAX nachbilden, können jedoch bis zu 20 Prozent in einen Einzelwert anlegen, solange sie die Kappungsgrenze einhalten. Diese Regelung ermöglicht es Fonds, von Kursgewinnen großer Unternehmen wie SAP zu profitieren, ohne gegen regulatorische Vorgaben zu verstoßen.

Die Frage, ob eine Kappungsgrenze für den DAX sinnvoll ist, bleibt deshalb umstritten. Befürworter argumentieren, dass sie eine ungewollte Dominanz einzelner Titel verhindert und das Risiko auf mehrere Schultern verteilt. Dies erhöht die Liquidität kleinerer Werte und sorgt für eine gleichmäßigere Verteilung des Kapitals. Kritiker hingegen bemängeln, dass eine zu strikte Begrenzung die natürliche Entwicklung von Aktienkursen hemmt und zu unnatürlichen Verkaufszwängen führt. Dies war unter anderem der Grund, warum Linde sich 2023 von der deutschen Börse verabschiedete.

Letztlich hängt die Einschätzung der Kappungsgrenze auch von der jeweiligen Anlagestrategie ab. Während passiv verwaltete Fonds strikt an die Kappungsgrenze gebunden sind, können aktiv verwaltete Fonds flexibler agieren. Doch genau hier sehen Fondsanbieter wie die Union Investment einen Nachteil: Sie können nicht so stark in Titel investieren, die über 10 Prozent des Index hinauswachsen, und verpassen so möglicherweise wertvolle Kursgewinne.

Kappungsgrenze: Vorteile

  • Ungewollte Dominanz von Einzelaktien wird verhindert
  • Liquidität kleinerer Werte wird erhöht
  • Kapital bei einem Indexinvestment wird besser auf den Index diversifiziert

Kappungsgrenze: Nachteile

  • Strikte Kursbegrenzung hemmt die natürliche Entwicklung von Aktienkursen
  • Es werden unnatürliche Verkäufe erzwungen
  • Passive ETFs müssen sich strikter an die Kappungsgrenze halten als aktive Fonds

Fazit: Ist die neue DAX-Kappungsgrenze gut oder schlecht?

In der Vergangenheit hat sich Linde von der deutschen Börse verabschiedet, weil die Kursdeckelung für DAX-Aktien bei 10 Prozent lag. Die neue DAX-Kappungsgrenze von 15 Prozent sorgt folglich dafür, dass dieses Risiko sinkt. Anleger dürfen also vermutlich auch in Zukunft an der deutschen Börse in die SAP-Aktie investieren.

Insgesamt bringt die Anpassung viele Chancen, aber auch Herausforderungen mit sich. Die neue Kappungsgrenze soll die Risikoverteilung verbessern und die Wettbewerbsfähigkeit des DAX stärken, birgt jedoch die Gefahr, dass stark wachsende Unternehmen wie SAP in ihrem Kursanstieg (trotz der Erhöhung weiterhin) gebremst werden. Anleger sollten diese Entwicklung im Auge behalten, besonders im Hinblick auf Quartalszahlen und Zukunftspläne von werthaltigen Unternehmen.

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Jede Anlage am Kapitalmarkt ist mit Chancen und Risiken behaftet. Der Wert der genannten Aktien, ETFs oder Investmentfonds unterliegt auf dem Markt Schwankungen. Der Kurs der Anlagen kann steigen oder fallen. Im äußersten Fall kann es zu einem vollständigen Verlust des angelegten Betrages kommen. Mehr Informationen finden Sie in den jeweiligen Unterlagen und insbesondere in den Prospekten der Kapitalverwaltungsgesellschaften.

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Markus Gentner

Zum Autor:

Markus Gentner ist seit 1. Januar 2024 Chefredakteur bei den Deutschen Wirtschaftsnachrichten. Zuvor war er zwölf Jahre lang für Deutschlands größtes Börsenportal finanzen.net tätig, unter anderem als Redaktionsleiter des Ratgeber-Bereichs sowie als Online-Redakteur in der News-Redaktion. Er arbeitete außerdem für das Deutsche Anlegerfernsehen (DAF), für die Tageszeitung Rheinpfalz und für die Burda-Tochter Stegenwaller, bei der er auch volontierte. Markus Gentner ist studierter Journalist und besitzt einen Master-Abschluss in Germanistik.

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